indien 20 – ein echter indischer weihnachtsmarkt

was der weihnachtsmann in indien zu suchen hat und wie ich mehr für ein kino ausgab, als ich das in deutschland. je getan hätte.
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gerade kurz bevor die ersten spekulatius und die ersten schokoweihnachtsmänner in die läden gekommen sind, bin ich schon in indien eingetroffen.
indien ist ein geheimtipp für weihnachtsverweigerer. bunte lichter, feuerwerk und kerzen gibt es hier andauernd, da wird keine besondere jahreszeit benötigt. weder hindus, noch buddhisten oder muslime sehen eher weniger einen grund einen weihnachtsbaum aufzustellen. zwar sind die temperaturen hier mittlerweile nachts auch im einstelligen bereich aber schnee gibts außerhalb der berge keinen.
so habe ich mich bisher weder an stollenkonfekt oder spekulatius erfreuen können und zum ersten mal in meinem leben bin ich bis kurz vor weihnachten noch nicht „gewhamt“ worden. so heißt der moment wenn man zum erstenmal das berühmte lied der gruppe wham zu hören bekommt und damit realisiert, dass die vorweihnachtszeit begonnen hat. letzteres wird sich aber sicher gleich nach meiner ankunft am flughafen einstellen.
nun durfte ich schoneinmal den vorgeschmack auf einen weihnachtsmarkt bekommen – beim new dehli christmasmarket!

(zum vergrößern auf das foto klicken)

mitschuld hat daran der neue 007.
seit dem zweiten november ist der neue james bond film weltweit in den kinos. bis er nach indien kam hat es bis zum 20.11. gedauert und seither versuche ich diesen film zu sehen. in der heimat des bollywood-films (stolze zungen behaupten, dass die indische filmindustrie mehr umsatz macht als hollywood) haben es reine englischsprachige filme etwas schwer, nicht wegen der sprache, eher weil  gesangs- und/oder tanzeinlagen fehlen (man stelle sich dass bei harry potter vor?).
so verschlug es mich in einen der wirklich großen shoppingmalls von new dehlis, welche die ausmaße einer kleinstadt hat. dort wurde in der glitzergold-lounge der hiesigen kinokette der film gezeigt. mir kamen die kordeln, der rote teppich und die glitzerden schrift schon etwas verdächtig vor, aber als ich den preis von umgerechnet 20,- euro erfuhr klappte mir dann doch die kinnlade herunter. was den darin enthalten sei, fragte ich mit erstickter stimme. neben einem wasser (in indien per gesetzt in jedem kino gratis) würde ich einen „begrüßungssaft“ erhalten, käme darüber hinaus in den genuß eines ausfahrbaren sessels, einer wolldecke und der bedienung am platz.
damit verließ ich den schalter und war mir eigentlich sicher, so würde ich mich nicht ausnehmen lassen. auf der suche nach einem ruhigen plätzchen fand ich den besagten weihnachtsmarkt den ich, nach dem ticketkauf noch zeit hatte genauer anzuschauen
ich hatte mich nun zu diesen vorort durchgekämpft und die wenigen anderen, die den film zeigten, waren am anderen ende der stadt oder zeigten den film spät am abend. also „opferte“ ich mich als blogger für die gelegenheit darüber zu berichten und gönnte ich mir diesen neo-kolonialen feudalismus.

der weihnachtsmarkt im innenhof der shoppingmall gruppierte sich um einem riesigen weihnachtsbaum ausmplastik. zu essen oder zu trinken gab es (für indien sehr untypisch) nichts. stattdessen ein labyrinth, eine modelflugschau, kinderschminken jede menge lärm und als höhepunkt ein foto mit dem weihnachtsmann. aber nicht, wie wir dass kennen mit auf dem schoß des weihnachtsmannes sitzend. dass macht für das hindu-kind natürlich keinen sinn, denn das hält sich nicht mit dem glauben auf, ein christkind, papa noel oder santa claus bringe etwas. natürlich kaufen die eltern die geschenke, den zu was sonst soll dieses seltsame „weihnachten“ den sonst gut sein?

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deswegen ist auch das foto welches es in neu dehli gibt ist viel spannender! in einer aufgeblassenen plastikkugel hüpft der weihnachtsmann vor einer fotoleinwand (wald im schnee) mit den kindern und wirbelt künstliche schneeflocken auf! dass ist unschlagbar – zum glück wurde für diesen sinnentleerten weihnachtsmarkt die richtige bezeichnung gefunden „christmas karneval“.

das glitzergold-kino war ein seperater bereich des gold-kinos und dass zu hauf herumwuselnde personal hieß mich in einer speziellen wartelounge willkommen und machte mir auch gleich klar, das fotografieren nicht erlaubt sei. die achtzig riesensessel in dem saal wurden gesäumt von einem schwenkbaren tisch und einer ladestation für mein handy (miete eines kabels möglich). mit der elektronischen steuerung konnte ich meinen sessel in eine fast liegende position bringen und mich mit der wolldecke gegen die auf eiskalt eingestellte klimaanlage schützen.
natürlich kann die elite nicht während des filmes auf das telefonieren verzichten, zumal der film ja zweieinhalb stunden geht. zum glück ist die filmlautstärke auf ohrenbetäubend eingestellt, da kann ich dann schonmal verständnis dafür aufbringen.
kein verständnis hatte ich hingegen als mir mein persönlicher kellner mir während des filmes die rechnung für meine nachos brachte und dass gerade in der szene als bond seinem erzfeind blofeld gegenübersteht. mein wohl nicht nur erstaunt klingendes „now?“ (dt.: „jetzt?“) verscheuchte ihn jedoch wirkungsvoll.

auch wenn ich mich sehr über den indischen „weihnachtsfasching“ amüsiert habe und sehr glücklich bin nicht doch noch jeden james bond film seit „goldeneye“ im kino gesehen zu haben, ist mir selten so klar die sinnlosigkeit von geld-reichtum vor augen geführt worden.
macht es den film nun besser wenn ich ihn in einer goldlounge gesehen habe? waren die nachos leckerer weil sie teuerer waren? warum muss ich, wenn ich mehr geld habe auch für alles mehr bezahlen und oder mehr geld ausgeben?

gestern bin ich, bei meiner einfahrt nach dehli mit dem zug zwanzig minuten lang an einem slum vorbeigerollt. dort leben menschen neben und auf dem bahngleis in größter armut. die wahren sorgen dieser menschen bilde ich mir nicht ein, in gänze vorstellen zu können, aber ich habe diese gemeinsam ball- oder kartenspielen, auf den gleis sitzend nähend gesehn und ich habe sie lachen gesehen. und ich weiß bestimmt welches lachen mir mehr bedeutet!

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